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Listerien sind relativ anspruchslose Umweltbakterien, die weit verbreitet vorkommen. Eine Infektion mit Listeria monocytogenes durch kontaminierte Lebensmittel kann für bestimmte Risikogruppen lebensbedrohend sein. 

Vorkommen und Umgebungsbedingungen

Listerien kommen natürlicherweise in Gewässern, Abwasser, Erde, Silagen, Lebensmitteln oder Tieren vor. Über kontaminierte Rohwaren können sie dann in Produktionsumgebungen gelangen. Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass Listerien in lebensmittelverarbeitenden Betrieben weit verbreitet sind und dort aufgrund unzureichender Reinigungs- und Hygienemassnahmen lange Zeit überdauern können (Persistenz). Ausserdem besitzen sie Eigenschaften, durch die sie optimal an die Bedingungen in bestimmten Lebensmitteln angepasst sind. Selbst harsche Kältebedingungen scheinen wenig Einfluss auf die Lebensfähigkeit von Listerien zu haben. So können Listerien sich bereits ab einer Temperatur von 0 °C vermehren, einige Stämme können auch bei -0.4 °C bis -2 °C noch wachsen, weshalb diese regelmässig aus tiefgekühlten Lebensmitteln isoliert werden können.  [#Osek]

 

Zudem tolerieren Listerien Salzgehalte von bis zu 20 %. Und sie sind in der Lage, auch ohne Sauerstoff zu wachsen; Vakuum oder Schutzatmosphären wie z. B. bei Beutelsalaten sind für Listerien kein Hindernis. Bezüglich Listerien kritisch sind rohe Lebensmittel, welche einer geringfügigen Weiterverarbeitung unterliegen: Gemüse und Früchte, Weichkäse, Rohmilchprodukte, rohe Fische (auch geräucherte) und Meeresfrüchte sowie auch rohes Fleisch. Dagegen ist eine Vermehrung kaum bzw. gar nicht möglich in Lebensmitteln, die wenig Wasser (aW < 0.86) oder sehr viel Salz enthalten bzw. ausreichend konserviert oder gesäuert (pH < 4) sind. 

 

Durch Erhitzen, also beim Kochen, Braten oder Pasteurisieren, werden Listerien abgetötet; die Mindesthitzebelastung von 70 °C während 2 min sollte im Kern des Lebensmittels nicht unterschritten werden.


Tab. 1  Wachstums- und Überlebensmerkmale von L. monocytogenes (stammspezifisch) unter Laborbedingungen [#EURL Lm]:

Ansprüche

Minimum

Optimum

Maximum

Überleben 

Temperatur (°C)

–2

30 – 37

45

–18

pH-Wert

4.0 - 4.3

7.0

9.6

3.3 – 4.2

aW-Wert

0.92

0.99

< 0.90

NaCl-Gehalt

12 %

≥ 20 %

GasatmosphäreFakultativ anaerob und mikroaerophil (kann in An-/Abwesenheit von O2 wachsen) 

Persistenz und Umgebungsmonitoring

Als persistente Listerien-Stämme gelten Isolate, die wiederholt aus derselben Quelle isoliert wurden und denselben genetischen Hintergrund haben («Klone»). Begünstigt wird die Persistenz durch unterschiedliche Eigenschaften dieser Stämme, z. B. einer Toleranz gegenüber Desinfektionsmitteln, der Fähigkeit bei niedrigen Temperaturen zu wachsen oder die Fähigkeit Biofilme zu bilden.

 

L. monocytogenes ist in der Lage, sich an einer Vielzahl an Oberflächen in der Lebensmittelproduktion (Edelstahl, Polystyrol, Glas) festzusetzen. Die Bakterienzellen sind in einer selbstproduzierten Matrix aus extrazellulärem Material eingebettet und deshalb durch mechanische und chemische Reinigung/Desinfektion nur schwer wieder zu entfernen. Eine unvollständige Penetration der Biofilme durch die eingesetzten Biozide (z. B. quartäre Ammoniumverbindungen) geht mit einer reduzierten Wirksamkeit einher. Die andauernde Exposition der Mikroorganismen gegenüber subinhibitorischen Konzentrationen (durch ungleichmässige Verteilung, falsche Verdünnung, organische Verunreinigungen, biologischer Abbau etc.) kann zur Selektion von resistenten Listerien führen, die nachfolgende Desinfektionsbehandlungen mit höheren Konzentrationen derselben Verbindungen überleben können. Dies stellt ein ernsthaftes Problem für die Lebensmittelsicherheit dar. Denn diese Biofilme persistenter Listerien können eine kontinuierliche Eintragsquelle für die pathogene Keime darstellen und auch einwandfreie Rohstoffe oder bereits hitzebehandelte Produkte (re)kontaminieren. [#Persistenz], [#Umgebung] 

 

Daher sind Lebensmittelbetriebe, die genussfertige Lebensmittel herstellen, angehalten, im Rahmen ihres Hygienekonzeptes effektive Massnahmen gegen eine Listerienkontamination ihrer Produkte umzusetzen. Dies beinhaltet die Erhebung von Umgebungsproben, eine zugehörige Trendanalyse sowie Korrekturmassnahmen bei unbefriedigenden Ergebnissen (Art. 69 bis Art. 71 HyV) [#HyV Probenahme]. In jedem Falle ist abzuklären, ob es sich um persistente Stämme handelt oder ob der Keim immer wieder neu in den Betrieb eingeführt wurde. Bei wiederholt positiven Nachweisen von L. monocytogenes sind die zuständigen Vollzugsbehörden zu informieren [#BLV Infoschreiben].

LISTERIOSE

Es gibt über 20 unterschiedliche Spezies von Listerien. Für den Menschen gilt momentan nur die Art Listeria monocytogenes als krankmachend. Übertragen werden die Bakterien über kontaminierte Lebensmittel. Listeria monocytogenes kann im einfachsten Fall zu unspezifischen grippeähnlichen Symptomen führen bzw. zu einer Gastroenteritis, im schlimmsten Fall jedoch zu einer schweren Infektionserkrankung bis hin zur Hirnhautentzündung (Sterblichkeit bis zu 30 %). Besonders gefährdet sind Personen der sogenannten «YOPI»-Gruppe (Young, Old, Pregnant, Immunocompromised). Bei Schwangeren kann eine Infektion zur Fehlgeburt führen. Die minimale Infektionsdosis ist nicht bekannt und hängt vom Bakterienstamm und der Empfindlichkeit der erkrankten Person ab (10 bis 10 000 Keime). Die Inkubationszeit beträgt wenige Tage bis mehrere Wochen.

 

Es besteht eine gesetzliche Meldepflicht für den laborbestätigten Nachweis von Listeria monocytogenes beim Menschen. Auch bei einer Häufung der Krankheitsfälle (z. B. bei lebensmittelbedingten Erkrankungen) müssen Labore und Ärzte dies dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) übermitteln. Die durchschnittliche Melderate der letzten 10 Jahre ist mit 0.9 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner im Vergleich zu anderen meldepflichtigen lebensmittelassoziierten Infektionskrankheiten (Salmonellose, Campylobacteriose) eher gering. Umso gravierender sind die möglichen Auswirkungen bei einem Listeriose Ausbruch. Deshalb kommt der Vermeidung einer Infektion eine hohe Bedeutung zu; insbesondere schwangeren Frauen und den weiteren Repräsentanten der «YOPI»-Gruppe wird empfohlen, Rohkost, rohes oder halbgares Fleisch, rohen Fisch und Meerestiere, Weichkäse und Käse aus nicht pasteurisierter Milch zu meiden. [#Zoonosebericht], [#Listeriose]

 

RECHTLICHE GRUNDLAGEN

Gemäss Artikel 66 Absatz 1 der Hygieneverordnung (SR 817.024.1) ist die verantwortliche Person eines Lebensmittelbetriebs verpflichtet, im Rahmen der Selbstkontrolle alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die während der gesamten Haltbarkeitsdauer der Produkte geltenden Lebensmittelsicherheitskriterien unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen für den Vertrieb, die Lagerung und die Verwendung eingehalten werden.

Die Lebensmittelsicherheitskriterien sind in Anhang 1 der Hygieneverordnung  beschrieben [#HyV]. Bei genussfertigen Lebensmitteln, welche die Vermehrung von Listeria monocytogenes begünstigen können, darf der Keim  in 25 g «nicht nachweisbar» sein (Ziff. 1.2). Für Lebensmittel, welche die Vermehrung von Listeria monocytogenes nicht begünstigen, gilt der Grenzwert von 100 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro Gramm (Ziff. 1.3). Dieser Wert ist auch für  Lebensmittel anwendbar, in denen Listeria monocytogenes zwar wachsen kann, der Hersteller jedoch nachweist, dass der Grenzwert von 100 KBE/g während der Haltbarkeitsdauer nicht überschritten wird. Hierfür müssen die entsprechenden Produkte genau charakterisiert und allenfalls sogenannte Challengetests durchgeführt werden (künstliche Kontaminationen von Lebensmitteln mit anschliessendem Listerienmonitoring während der Haltbarkeit). 

Bei unbefriedigenden Ergebnissen hinsichtlich der Untersuchung der Lebensmittelsicherheitskriterien (Hygieneverordnung, Art. 71) muss das Produkt oder die Partie Lebensmittel nach Artikel 84 der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV) vom Markt genommen oder zurückgerufen werden.

Listerien in der Hygieneverordnung

Anh. 1 Teil 1 Ziff. 1.1 HyV

Genussfertige Lebensmittel, die für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmt sind

Anzahl Proben der Stichprobe: 10 – Grenzwert: in 25 g nicht nachweisbar

Bemerkung: in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer

Anh. 1 Teil 1 Ziff. 1.1 HyV

Genussfertige Lebensmittel, die für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmt sind

Anzahl Proben der Stichprobe: 10 – Grenzwert: in 25 g nicht nachweisbar

Bemerkung: in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer

Anh. 1 Teil 1 Ziff. 1.2 HyV

Andere als für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmte, genussfertige Lebensmittel, die die Vermehrung von L. monocytogenes begünstigen können

Anzahl Proben der Stichprobe: 5 – Grenzwert: 100 KBE/ga

Bemerkung: in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer

Anzahl Proben der Stichprobe: 5 – Grenzwert: in 25 g nicht nachweisbarb

Bemerkung: bevor das Lebensmittel die unmittelbare Kontrolle der verantwortlichen Person des Herstellerbetriebs verlassen hat

Anh. 1 Teil 1 Ziff. 1.3 HyV

Andere als für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmte, genussfertige Lebensmittel, die die Vermehrung von L. monocytogenes nicht begünstigen können3/4

Anzahl Proben der Stichprobe: 5 – Grenzwert: 100 KBE/g

Grenzwert: 100 KBE/g

Bemerkung: in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer

Anh. 1 Teil 1 Ziff. 1.3 HyV

Andere als für Säuglinge oder für besondere medizinische Zwecke bestimmte, genussfertige Lebensmittel, die die Vermehrung von L. monocytogenes nicht begünstigen können3/4

Anzahl Proben der Stichprobe: 5 – Grenzwert: 100 KBE/g

Grenzwert: 100 KBE/g

Bemerkung: in Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer

aDie verantwortliche Person muss zur Zufriedenheit der zuständigen Vollzugsbehörde nachweisen können, dass das Erzeugnis während der gesamten Haltbarkeitsdauer den Wert von 100 KBE/g nicht übersteigt.

 

bDieses Kriterium gilt für Erzeugnisse, bevor sie die unmittelbare Kontrolle der verantwortlichen Person des Herstellerbetriebs verlassen, wenn diese nicht zur Zufriedenheit der zuständigen Vollzugsbehörde nachweisen kann, dass das Erzeugnis den Grenzwert von 100 KBE/g während der gesamten Haltbarkeitsdauer nicht überschreitet.

 

cUntersuchungshäufigkeit: Eine regelmässige Untersuchung ist unter normalen Umständen bei folgenden genussfertigen Lebensmitteln nicht sinnvoll: Lebensmittel, die einer Wärmebehandlung oder einer anderen Verarbeitung unterzogen wurden, durch die Listeria monocytogenes abgetötet werden, wenn eine erneute Kontamination nach der Verarbeitung nicht möglich ist (z. B. bei in der Endverpackung wärmebehandelten Erzeugnissen); frisches nicht zerkleinertes und nicht verarbeitetes Obst und Gemüse, ausser Keimlinge; Brot, Kekse und ähnliche Erzeugnisse; abgefülltes Wasser, alkoholfreie Getränke, Bier, Apfelwein, Wein, Spirituosen und ähnliche Erzeugnisse; Zucker, Honig und Süsswaren, einschliesslich Kakao- und Schokoladeerzeugnisse; lebende Muscheln; Speisesalz.

 

dErzeugnisse mit einem pH-Wert von ≤ 4,4 oder aw -Wert von ≤ 0,92, Erzeugnisse mit einem pH-Wert von ≤ 5,0 und aw -Wert von ≤ 0,94; Erzeugnisse mit einer Haltbarkeitsdauer von weniger als 5 Tagen werden automatisch dieser Kategorie zugeordnet. Andere Lebensmittelkategorien können vorbehaltlich einer wissenschaftlichen Begründung ebenfalls zu dieser Kategorie zählen.

DIENSTLEISTUNG LABOR VERITAS AG

Labor Veritas AG bietet die Untersuchung von  Lebensmitteln auf Listerien sowie Hilfestellung beim Umgebungsmonitoring im Betrieb an. Grundlage für die Analytik bildet die Methode ISO 11290, mit welcher quantitativ pro Gramm oder qualitativ pro 25 Gramm Lebensmittel Listeria monocytogenes nachgewiesen werden können.

KONTAKT

Matthias Habann

Diplom-Biologe, Dr. sc. ETH Zürich

Mitglied der Geschäftsleitung (zuständig für Analytik), Leiter Mikrobiologie

+41 44 283 29 33

+41 79 859 94 64

m.habann@laborveritas.ch

Akkreditierung nach ISO/IEC 17025:2017

Die Akkreditierung ist jeweils fünf Jahre gültig und wird ca. alle anderthalb Jahre einer Zwischenprüfung (Überwachungsaudit) unterzogen. Die Begutachtungen werden von der Schweizerischen Akkreditierungsstelle SAS durchgeführt. Die Prüfverfahren im akkreditierten Bereich sind im Anhang zur Akkreditierungsurkunde aufgelistet.

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